Nach der Apotheke kommt die Kunst der Ruhe
12. Juli 2022 | Es ist schon aufregend, was sich im Quartier Wilhelmsstraße zurzeit im Hinblick auf Kunst so tut. Parallel zur documenta zeigt nun die Zierenberger Künstlerin Jutta Schlier in der Wilhelmsstraße 5, in den leerstehenden Räumen der ehemaligen Adler-Apotheke eine Auswahl ihrer abstrakten Malereien. Bereits zuvor hatten vier Modegeschäfte ihr gemeinsames Kunst-Projekt gestartet, bei dem Werke zahlreicher regionaler Künstlerinnen und Künstlern in den jeweiligen Läden präsentiert werden (lesen Sie dazu unseren Artikel „Sichtachse: Vier Geschäfte präsentieren Kunst-Vielfalt“).
Diese temporäre Popup-Galerie als neuer weiterer Anlaufpunkt für Kunstinteressierte macht neugierig. Sonntag wurde zu einer Vernissage geladen, und eine illustre Gästeschar fand den Weg in die bewusst baustellenartig belassenen Räume der ehemaligen Apotheke, gegenüber dem Cineplex-Kino-im Capitol-Gebäude. „Auf einen bestimmten Stil möchte ich mich nicht festlegen“, sagt die sympatische Künstlerin, und dies nimmt man sofort als ersten Eindruck wahr. Während im vorderen Bereich eher Arbeiten mit großflächig angelegten farbigen Flächen dominieren, ziehen daneben Gemälde mit kleinteiligeren Strukturen die Aufmerksamkeit auf sich.
Popup-Galerie in der Wilhelmsstraße: Es gibt keine Querformate
„Kunst der Ruhe“ nennt Jutta Schlier ihr Leitmotiv – und bei aller Spannung und Dynamik, die vieler ihrer mit Acrylfarben erstellten Werke ausstrahlen, ist gleichsam auch das Ruhende ein elementares Merkmal, das sich als Faden durch ihre Ausstellung zieht. Auffällig ist, dass sich keinerlei Querformate finden. Sie bevorzuge eindeutig das längliche bis sehr längliche Hochformat, aber auch das Quadrat, berichtet sie. Gerade bei den quadratischen Werken finden sich abstrakte Motive, die interessante Mehrdeutigkeiten zulassen und dazu einladen, tiefer einzutauchen in diese mitunter rätselhaft anmutenden Welten.
Der kreative Umgang mit den Materialien Farbe, Papier, Holz und Stoff hat sie schon früh begleitet. Zunächst aber folgten, basierend auf einem Theologiestudium, berufliche Wege als Gemeindereferentin sowie in der seelsorgerischen, geistlichen und Exerzitien-Begleitung. Lebensbrüche schließlich hätten den Anstoß für eine intensivere Beschäftigung mit der Malerei und der zeitgenössischen Kunst gegeben. Autodidaktische Studien folgten sowie diverse Malaufenthalte, etwa in der Toskana, New York, am indischen Ozean und in der Wüste im Oman. Seit 2013 arbeitet Jutta Schlier als freischaffende Künstlerin in Zierenberg. Zu ihren Auftraggebern gehören auch Kirchen und Klöster. Ausgestellt waren ihr Werke u. a. im Meditationszentrum Hl. Kreuz in Frankfurt, im Karmelitenkloster in Birkenwerder und im Kreishaus Kassel.
Die Ausstellung ist von Montag bis Mittwoch sowie Freitag von 13:00 bis 18:00 Uhr und samstags von 14:00 bis 17:00, außerdem nach Absprache geöffnet und bis zum 30.09.2022 zu sehen.
Foto: © Jutta Schlier
Foto: © Kettler Kommunikation